Bau- und Firmengeschichte
1721 kaufte Jacob Gilardi das Gut von Hanns Georg Glöckhler und tauschte das Zänglersche Anwesen, das mit dem Recht zum Mehlhandel (Melberrecht) ausgestattet war, gegen ein anderes seiner Häuser ein. Die beiden Häuser am Marktplatz wurden abgebrochen, um einem repräsentativen Neubau Platz zu machen.
Der Eichstätter Hofbaudirektor Gabriel de Gabrieli aus Graubünden wurde mit dem Bau beauftragt und im Frühjahr 1723 wurde mit dem Neubau begonnen.
Der Bau kostete nach Gilardis eigenen Angaben in einer Verteidigungsschrift an den Kurfürsten zirka 17.000 fl, was damals sehr viel Geld war.
Später kaufte Gilardi noch das dem Weber Urban Schlaipfer gehörende westliche Nachbaranwesen dazu.
1728 bezogen Jacob Gilardi, seine Ehefrau Sybilla und seine Stiefkinder das neu errichtete Haus.
Das zweigeschossige Gebäude ist mit einem Mansardenwalmdach gedeckt. Die Längsfassade ist mit einem Dreiecksgiebel, durchlaufenden Pilastern, einem geschweiften Portal, Kartuschenaufsätzen über den Fenstern und einem elegant geschweiften Uhrtürmchen auf dem Dach versehen. So macht es einen vornehmen Eindruck und ist im Innern von einer künstlerischen Raumgestaltung und Formengebung, die den Ansprüchen eines adeligen Hauses in dieser Zeit in nichts nachsteht.
Ein herrlich geschmiedetes Eisengitter trennt das Treppenhaus von der Eingangshalle.
Die Decken der Räume zieren Rokoko-Stuckaturen mit Bandwerk und figürlichen Motiven
Am 25. Juli 1876 verstarb der letzte „von Gilardi“ in Allersberg, Joseph von Gilardi, der kinderlos war. Im Erbwege ging die Fabrik auf den Sohn seiner Schwester Barbara, Carl Siegert, über. Bis 1892 blieb das Eigentum in den Familien Gilardi / Siegert.
Im Jahre 1892 übernahmen die Kaufleute Anton Geiershoefer und Martin Winterbauer (der 1895 wieder aus der Firma ausstieg) aus Nürnberg durch Kauf das gesamte Anwesen.
Das Gilardihaus konnte im Laufe seiner fast 300jährigen Geschichte immer gut erhalten werden, auch nach dem Zweiten Weltkrieg, bei dem die Manufakturgebäude erhebliche Schäden erleiden mussten. Ein Hauptverdienst kommt hier den damaligen Eigentümern, den Familien Geiershoefer und Schulenburg zu.
Somit war das Anwesen ununterbrochen von 1892 bis 2006 im Eigentum der Familien Geiershoefer / Schulenburg. Seit März 2006 im Eigentum der Marktgemeinde Allersberg.
Zeittafel
1722 | Der Eichstätter Hofbaudirektor Gabriel de Gabrieli bedankt sich bei Jacob Gilardi für den Auftrag. Gilardi kauft das Anwesen des Hanns Georg Glöckhler und tauscht das Zänglersche Anwesen ein. |
1723 | Der Baubeginn im Frühjahr wird vom Tagebuch des Maurermeisters Domenico Barbieri überliefert. Fertigstellung des Rohbaus bis „unters Dach“. |
1724 | Fortsetzung der Bauarbeiten, Barbieri auf der Baustelle. |
1725 | Barbieri zum letzten Mal in Allersberg. Aufnahme des Neubaus im Allersberger Steuerbuch als neu erbautes, zweigeschossiges Wohnhaus mit einem großen zweigeschossigen Anbau sowie mit Hofraum und Waschhaus; das Anwesen wird privilegiert mit dem Recht zum Tradtzug Verlag. |
1725 | Gilardi besitzt die Allersberger Ziegelei. |
1728 | Bezug des fertiggestellten Anwesens. |
1730 | Sybilla Gilardi stirbt. |
1739 | Jacob Gilardi stirbt. |
1754 | Steuerliche Neueinschätzung der Fabrique Gebäude, möglicherweise nach einem Erweiterungsbau in den Jahren zuvor. |
1770 | Wirtschaftliche Schwierigkeiten nach der Eröffnung von Leonischen Fabriken in Kurbayern und Österreich sowie dem Ausfuhrverbot von Tiroler Kupfer. |
1787 | Neufassung der Allersberger Steuerbeschreibung, darin ist festgehalten, dass Gilardi in den zurückliegenden Jahrzehnten das westlich benachbarte Anwesen Nr. 70 gekauft hat, um es vermutlich für Neubauten (oder Gartenfläche) abbrechen zu lassen. |
1825 | Uraufnahme der bayerischen Landesvermessung stellt die Bebauung in Übereinstimmung mit dem nicht datierten Grundriss und der Vogelschau-Ansicht dar. |
1843 | Konkurs des Joseph Jakob von Gilardi, der Sohn Joseph erwirbt das Anwesen aus der Konkursmasse. |
1848 | Gesuch der Firmen Gilardi und Heckel, Bauholz auch außerhalb des Forstamts Pyrbaum erwerben zu dürfen. |
1869/70 | Der kleine Hofraum östlich des Hauses wird Karl von Gilardi geschenkt, der dort ein kleines Wohnhaus mit Verkaufsladen als Anbau an das Hauptgebäude errichtet. |
1876 | Erbfall an Carl Siegert. |
1879 | Abbruch des Hofgebäudes, dessen nördliches Ende als Altane, als Veranda/Freisitz für die Fabrikantenwohnung gedacht, umgebaut wird. Das Wohnhaus mit Ladengeschäft wird teilabgebrochen und auf drei östliche Fensterachsen verkleinert. Neubau eines Kessel- und Maschinenhauses im westlichen Garten, der nun als Hofraum angelegt wird. |
1892 | Konkurs des Carl Siegert. Bei der Zwangsversteigerung erwerben Anton Geiershoefer und Johann Martin Winterbauer aus Nürnberg. |
1894/95 | Winterbauer gibt seinen Anteil an Anton Geiershoefer ab. |
1901 | Weitgehender Umbau des Kesselhauses wohl im Rahmen einer Modernisierung. |
1902 | Otto Geiershoefer erwirbt die Winterbauersche Hälfte. |
1904 | Otto Geiershoefer wird Alleineigentümer. |
1936 | Otto Geiershoefer stirbt. |
1938 | Zwangsarisierung durch die Nationalsozialisten. Die Liegenschaft wird dem Weißenburger Unternehmer Hermann Gutmann zugeschanzt. |
1939/40 | Vermutlich erst jetzt Aufstockung des Westflügels um ein 2. Obergeschoss. |
1940 | Errichtung eines Aufzugsturms und einer Leichtbauhalle als Anbau an die Ostseite des Westflügels. Bau einer Garage im westlichen Hofraum. Umbau des Südwestflügels: Einbau einer neuen Deckenkonstruktion über dem Erdgeschoss, Umbau des pavillonartigen Westgebäudes (Vergrößerung der Fenster, Teilabbruch der Ostwand, Abbruch Innenwand). Einbau eine Transformatorenraums im Südflügel. |
1945 | Die Fabrikanlage wird bei Rückzugsgefechten in Brand geschossen; die östlichen Flügel brennen aus. Die amerikanische Militärregierung holt Erik Geiershoefer aus dem Exil, damit er den Wiederaufbau leitet. |
1946/47 | Instandsetzung des Südwestflügels (und Westflügels?) |
1947 | Wiederaufbauplanung für den Südflügel in drei Bauabschnitten. |
1948 | Instandsetzung Südflügel und Errichtung eines neuen Kamins für das Kesselhaus. Östlicher Südflügel bleibt bis zum Mittelrisalit eingeschossig |
1949 | Umbauten und Kaminanbau im Südwestflügel |
1952 | Neuerliche Baueingabe für den Wiederaufbau des Ostflügels, diesmal Verzicht auf das Obergeschoss. |